Auf dem Weg zu einem nachhaltigen und gerechten Finanzsystem by Evangelischen Kirche in Deutschland

Dieses über 200 Seiten lange Impulspapier der EKD, das von der EKD-Kammer für nachhaltige Entwicklung verfasst wurde, ist die beste und kenntnisreichste Finanzdenkschrift, die die EKD bisher herausgebracht hat. Diese Schrift sollte auch für uns CGW-Mitglieder Pflichtlektüre sein, weil man gut mit ihr arbeiten und diskutieren kann, viele Leitsätze unserer Arbeit übernommen hat und Handlungsempfehlungen gibt, die praktisch sofort umgesetzt werden könnten, wenn nur der Wille da ist. In dieser Weise will

die Schrift zu einer „ethisch-politisch-ökonomischen Alphabetisierung in Finanzfragen“ beitragen, in dem sie fragt:

„Was leistet die Finanzwirtschaft und was soll sie leisten? Wer sind die Akteure? Was können sie zu einer nachhaltigen und gerechten Entwicklung von Wirtschaft und Gesellschaft beitragen – und was nicht? Was macht sie krisenfester und wodurch ist ihre Stabilität gefährdet? Die Grundthese, die die Evangelische Kirche in diese Debatte einbringt, lautet: Ohne ein funktionierendes und nachhaltig-gerechtes Finanzsystem ist eine gesamtgesellschaftliche Transformation zu einer ökonomisch, ökologisch, politisch und sozial nachhaltiger Entwicklung nicht möglich“ (S. 159). Ausschlaggebend für die wichtigsten Motive  ihrer theologisch-ethischen Orientierung weist die  Denkschrift auf fünf Kernüberzeugungen hin:

  • “Geld soll dienen und nicht herrschen.
  • Schuldknechtschaft ist mit der Gottebenbildlichkeit aller Menschen und dem Gebot der Gerechtigkeit unvereinbar; d. h. Existenznotsituationen anderer dürfen nicht zur eigenen Gewinnmaximierung ausgenutzt werden (Zins- und Wucherverbot).
  • Gott bleibt der Geber aller Gaben der Schöpfung – Gemeinwohlverantwortung und Nachhaltigkeitsorientierung von Finanzmitteln ist unverzichtbar.
  • Reformen des Finanzsystems auf nationaler, europäischer und globaler Ebene sind weiterhin ebenso nötig wie dringend, ebenso möglich wie ethisch geboten im Sinne von globaler Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit.
  • Kirchen, Gemeinden und alle Sozialgestalten von Kirche und Diakonie haben sich der Herausforderung zu stellen, bei den eigenen Geldanlagen auf Nachhaltigkeit zu achten. Zusammen mit anderen Finanzakteuren sollen sie Perspektiven für  ethisch-nachhaltige  Finanzprodukte entwickeln und umsetzen“ (S. 157f.)

Als zwei wichtige Handlungsfelder, die sofort angegangen werden müssen, benennt das Papier die Bekämpfung von Steuerschlupflöchern und Steuerkriminalität sowie die Einführung einer Finanztransaktionssteuer (FTS). Diese Steuer müsse für alle Finanzprodukte gelten, auch Devisen, Anleihen und den Handel mit Derivaten. Dies sei jedoch nur auf internationaler Ebene zu erreichen.

Dass wirkliche Fachleute, die auch die alternativen Geldreformvorschläge kennen, zu den Autoren dieser Denkschrift gehören, zeigen u. a. auch die Namen von Sven Giegold, Prof. Dr. Diefenbacher und Prof. Dr. Uwe Schneidewind. Zum wirklichen Nachschlagewerk in Fragen Finanzwirtschaft  wird die Schrift durch ein ausgiebiges Glossar (Sachwortlexikon) von „Allokation“ bis „Wirecard“ und durch ein ausgiebiges und aktuelles Literaturverzeichnis von 25 Seiten neben 464 wissenschaftlichen Anmerkungen.

Die Zielfunktion dieses Papiers, in dem sich die Evangelische Kirche als „Mahner, Mittler und Motor“ einer Reformbewegung versteht (S. 157), ist das Wort des Propheten Jesaja:

„Dann wird die Wüste zum fruchtbaren Lande und das fruchtbare Land wie Wald geachtet werden. Und das Recht wird in der Wüste wohnen und Gerechtigkeit im fruchtbaren Lande.Und der Gerechtigkeit Frucht wird Friede sein, und der Ertrag der Gerechtigkeit wird Ruhe und Sicherheit sein auf ewig, dass mein Volk in friedlichen Auen wohnen wird, in sicheren Wohnungen und in sorgloser Ruhe“ (Jes. 32,15-18).

 (Der Text kann bei der EKD-Geschäftsstelle in Hannover als PDF-Dokument heruntergeladen werden oder als Broschüre für 4,30 €  bestellt werden. E-Mail: versand@ekd.de)


Genre: Sachbuch Geld
Subjects: Wirecard

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