Aus den Gesprächen mit Inge Patsch MA über „Systemisches Denken und Komplexitätsverständnis“
Vier Cluster für Handlungsempfehlungen haben sich aus unseren Gesprächen abgeleitet. Die erste Handlungsempfehlung lautet:
Konkrete Aktivitäten und Entscheidungen, die Einzelpersonen treffen können, um mögliche Auswirkungen auf das Finanzsystem zu erzielen. Als Beispiel: Indem sie gewisse Strukturen und Kreisläufe nicht mehr fördern und aussteigen.
Da war z. B. die Idee, dass jemand, der Geld hat, es nicht einfach der Bank/den Finanzsystem überlässt, sondern sich überlegt, Geld der kleinen Schneiderei in der Nachbarschaft anzuvertrauen.
Viele kleine Überlegungen bewirken letztendlich die große Veränderung. Siehe Heini Staudingers Schuhfabrik im Waldviertel!
Wir können aber auch untereinander Werte schaffen, durch die Vernetzung eigener Ressourcen. Man kann einen Tag des Schenkens veranstalten, Tauschmärkte organisieren, kleine Gesten können gleichzeitig Lernräume sein, wie beispielsweise einen Grillabend, als Potlatch1 zu veranstalten.
In der Reflektion kann man fragen: Wie ist es eigentlich mit dem Austausch von Gütern, die hier sind, versus Tauschhandel von Eigentum. Also, was ist der Unterschied zwischen Eigentum wechseln, schenken und gemeinsamer Teilhabe. Ganz zentral war Bewusstseinsbildung, Kommunikation. Hunderte Dinge gäbe es zu tun. Es bräuchte Menschen, die das tun, bzw. eine Grundabsicherung für jene Menschen, die es tun. Beispiele: Forschungsprojekt für systemische Projekte, in dem man Zusammenhänge erhebt. Dann, der Wunsch nach mehr Information die bereits “aufbereitet” ist, also ehrenamtliche Redaktionsarbeit, um Informationsflut einzudämmen.
Handlungsempfehlungen für Einzelpersonen die eher eine Wirkung auf die prozessuale Ebene haben: Wenn systemisches Denken ist, wie es ist: Wie müssen wir anders miteinander in den Prozess treten, unabhängig vom Teilbereich, egal ob wir uns mit Zinseszins oder Arbeitsverteilung beschäftigen. Vieles ist nicht planbar! Man macht eine Systemintervention an einer Stelle, man führt z. B. einen zinsfreien Kredit ein, oder was auch immer und man beobachtet mit Bedacht. Ich beachte das Feedback, erfahre von unerwünschten Nebenwirkungen, akzeptiere, dass ich die Folgen in der Komplexität nicht bedacht habe, rudere zurück, gehe in die „Feinschraubarbeit“. Wichtig ist, dass wir uns nicht nur mit Gleichgesinnten unterhalten, uns gegenseitig bestätigen, sondern auch mit anderen Gruppen reden, um einen besseren Blick für die Lebensrealität anderer zu bekommen. Wenn wir wirklich die Komplexität begreifen wollen, müssen wir mit verschiedensten Zielgruppen sprechen.
Wenn wir einen sehr zentralen Punkt des Systems kritisieren, ist es gut in Netzwerken zu arbeiten, nicht in Organisationen, weil Netzwerke weniger leicht angreifbar sind. Einer Organisation kann man Gelder entziehen, sie diskreditieren.
Auf der kommunikativen Ebene sprachen wir über aktives Zuhören, Fragen stellen, weil das Leben so vielfältig ist, Wahrnehmungen sehr unterschiedliche Perspektiven darstellen, wie die fünf forschenden Blinden, die einen Elefanten vor sich haben: Jeder berührt den Elefanten an einer anderen Stelle. Einer beschreibt den Rüssel, der andere meint ein Elefant wäre so etwas wie ein Baum… Nehmen wir uns Zeit für Konversation, für aktive Vernetzung!
Als dritten großen Punkt gab es Handlungsempfehlungen für Zielgruppen, z. B. in Ministerien, die gebeten werden können, einen Rat von Bürgern und Bürgerinnen einzuberufen für die Zukunft Österreichs. Vorschläge waren Transparenz in der Datenverarbeitung, mit breiten und fokussierten Zielen, z. B. Bildungsgeschichte in den Naturwissenschaften noch mehr zu verankern. Landespolitische Aspekte beschäftigten sich damit, wie man Regionalisierung fördern könnte. Es gab Projektempfehlungen, um z. B. aktiv mehr Wissen zu vermitteln, Organisationen aufzubauen, sich zu vernetzen.
Wenn der Zusammenbruch kommt, braucht es Konzepte, die schon in der Schublade liegen und hochgefahren werden können. Dies ist auf allen Ebenen zu denken, um z. B. dem örtlichen Bürgermeister nach einem Crash ein Konzept übermitteln zu können. Sonst tun dies andere…
Vielleicht aber schaffen wir es schon jetzt, uns gemeinsam mit Experten auf einen Katalog von Handlungsempfehlungen zu einigen und diesen an politische Entscheidungsträger heranzutragen. Es gibt keine Ausreden mehr, wenn Lösungen da sind, die implementiert werden können. Da Komplexität schwer zu vermitteln ist, gab es die Idee, ein Computerspiel zu entwickeln, das die Kernprobleme des jetzigen Geldsystems überzeugend erfahrbar macht. Damit könnten Zielgruppen erreicht werden, die keine Bücher lesen, sondern lieber im Spielen lernen.
Inge Siegel brachte ein, dass es ein solches Computerspiel bereits gibt: Es heißt ECO. Es ist ein Spiel, das lehrt, Zukunft zu gestalten, in Zusammenhängen zu denken, mit neuen Regeln zu agieren.
- Ein Potlatch (auch Potlach oder Potlatsch) ist ein Fest der amerikanischen Indianer der nordwestlichen Pazifikküste. Bei ihm werden in ritueller Weise Geschenke verteilt oder ausgetauscht. (aus: Wikipedia). Im Anglo-amerikanischen Raum ist es die Bezeichnung für ein Gemeinschaftsessen, zu dem jeder etwas mitbringt. (Anm. d. Redaktion) ↩︎