Der Arzt Peter Frommherz, Mitorganisator von DialogRaumGeld Augsburg, überlegte in einer Mail Strategien für ein gerechteres Miteinander aus der Sicht des Mediziners. Wir waren im Austausch über die Gefährdung jener Menschen, deren Geld „die Welt regiert“, an Sinnkrisen, Angstzuständen und Depressionen zu erkranken:
Vielleicht lässt sich ja gerade aus dieser Erkenntnis etwas entwickeln, ein sinnvolles Sterben der von den Reichen nicht gebrauchten, überflüssigen Gelder (die sich nur noch weiter vermehren müssen und nicht sterben, also nicht sinnvoll verbraucht werden dürfen) und zwar sterben, hinein in Zukunftsvorbereitungs- und Transformations-Gelder für junge Menschen, die die Zukunft gestalten wollen, für Transformationsarbeit von Menschen in der Zivilgesellschaft, für den Aufbau einer weltweiten bewussten Beziehungskultur der Menschheit zu allen Wesen, zur gesamten Schöpfung. …… alles das, wofür viel zu wenig Geld da ist, weil es sich nicht „rechnet“. Also die sinnvolle Verbindung von Sterbe- mit Geburts-Hilfe, eine Auferstehung und Erlösung des alt und sinnlos gewordenen im Neuen, Zukünftigen – das Stirb- und Werde-Prinzip des Geldes.
DI Samirah Kenawi, Berlin, autodidaktisches Wirtschaftsstudium, rückt vor allem den geschichtlichen Hintergrund der Entstehung des Geldes in den Fokus:
Liebe Leute,
ich werde versuchen, der Bitte zu genügen, eine knappe Erklärung abzugeben, warum ich warengedecktes Geld für die einzige Form eines stabilen Geldes halte.
Durch die Rekonstruktion der Geschichte des Geldes habe ich gelernt, dass alle Geldformen: vom Gerätegeld über das Münzgeld bis zum Kreditgeld – aber auch das Kerbholz – durch Kaufleute im Handel entstanden sind bzw. erschaffen wurden. Nur wenn die Kaufleute etwas als Geld akzeptieren, kann es auch allgemeines Zahlungsmittel werden.
ALLE Geldformen waren, als sie entstanden, entweder selbst Ware, wie das Gerätegeld, aus dem sich später das Münzgeld entwickelte, oder sie waren vollständig durch Waren gedeckt, wie das Kerbholz bzw. der Eigenwechsel aus denen später das heutige Kreditgeld wurde. Erst der Verlust der Warendeckung hat aus gutem Geld schlechtes Geld gemacht.
Denn obwohl ALLE auch mit schlechtem Geld weiter Waren oder reale Dienstleistungen kaufen können, müssen nicht mehr alle für den Erwerb des schlechten Geldes auch reale Werte leisten. Sobald aber einige Geld erwerben können, ohne dafür im Gegenzug echte Werte liefern zu müssen, müssen andere mehr für den Erwerb von Geld leisten, als sie dann dafür an Leistung von anderen kaufen können. Schlechtes (nicht vollständig durch Warenwerte gedecktes) Geld verschleiert die Ausbeutung einer Mehrheit durch eine Minderheit.
Während Münzgeld und Kreditgeld im Laufe der Zeit zu schlechtem Geld wurden, blieben Kerbhölzer, da sie immer vollständig durch Waren bzw. reale Dienstleistungen gedeckt waren, bis zu ihrem Verschwinden wohl über Jahrhunderte oder Jahrtausende hinweg gutes Geld, Geld das demokratische Gesellschaften ermöglicht.
So viel in Kürze. Mehr dann im 4. Teil der Quadratur des Geldes.
Herzliche Grüße
Samirah
Josefa Maurer, seit über 30 Jahren mit der Geldfrage befasst.
Stimmt diese meine Überlegung?
Die Nationalbank würde nach einem Schuldenschnitt drauf achten müssen, dass nur so viel Geld in Umlauf ist, als das BIP ausmacht.
Kredite würden von Spareinlagen vergeben.
Angenommen, ein kleiner Teil des viel zu großen Anspruches auf Geld könnte in einer „Wertaufbewahrungswährung“ geparkt werden, die vor dem Neustart als Zugeständnis für Vermögende für Konsumzwecke ausgehandelt würde:
Könnte Geld dieser Währung, in umlaufendes Geld eingetauscht, jenen Beträgen zugeordnet werden, die für nicht arbeitende Personen zur Verfügung gestellt würden?
Du befürwortest das Grundeinkommen. Um große Besitzungen zu erhalten, pflegen zu lassen, bräuchten heute Superreiche eben die Gewissheit sich auch in Zukunft ihr gewohntes Umfeld erhalten zu können.
Ich meine, wenn mit diesem Zugeständnis ein friedlicher Neuanfang möglich wäre, könnte dies von den Volkswirtschaften geschultert werden.
Das wäre freilich auch wieder ungerecht, aber viel weniger problematisch als die heutige Situation. Und, wer weiß, wer von den Nachkommen davon überhaupt noch Gebrauch machen würde.
Weiter von Samirah:
Vielleicht muss das BIP neu definiert werden, um Waren und Vermögenswerte abzugrenzen, aber im Grunde würde auch ich sagen, BIP und Geldmenge sollten übereinstimmen…
Ich würde allerdings nicht so viel Sorge um die Superreichen und ihren Konsum und ihre Vermögen tragen. Vielmehr sehe ich eine Gefahr, dass sie verbleibendes Vermögen nach einer Geldreform mit Schulden- und Vermögensschnitt, weniger für Konsum als vielmehr für eine Gegenreform ausgeben werden. Wir Menschen sind nun einmal alle so, dass wir alle nur ungern unseren gewohnten Lebensstil ändern. Mit dem Geldverlust geht für die heute Superreichen aber weniger ein Konsumverlust als vielmehr ein Bedeutungsverlust und ein Machtverlust einher. Das macht die so Degradierten gefährlich. Dieser Gefahr müssen wir ins Auge sehen und uns ihr stellen.
Völlig unabhängig davon müssen wir natürlich durch Einzahlungen in eine allgemeine Sozialversicherung dafür Sorge tragen, dass genug Geld da ist, um kranke und alte Menschen würdig versorgen und umsorgen zu können. Doch für diese soziale Fürsorge brauchen wir das Geld der Superreichen nicht, das können wir durch unser aller Sozialabgaben leisten und zwar umso leichter als unsere Einkommen steigen werden, wenn die Kapitaleinkommen der Reichen verschwinden, die heute aus unseren Einkommen bezahlt werden.
Helmo Pape, mehrjährige Erfahrung im Derivatehandel:
Weil ich Samiras Postulat „nicht warengedecktes Geld ist schlecht” doch ideologisch finde.
Der Grund für meine Meinung:
Wie soll Carearbeit, Kunst, Forschung, Transport, Bildung, Verwaltung, … also Immaterielles zur Warendeckung beitragen?
Ich gehe mit Samirah konform, dass die einzige echte Deckung einer Währung “die Leistungsfähigkeit derer, welche sie nutzen” ist. Das sollen aber nicht nur Waren sein, sondern auch andere „Werte“ wie intakte Natur, Wissen, sozialer Friede, Gesundheit, Demokratie, Vertrauen und Sicherheit, …
Ausbuchstabiert heißt das:
Wenn alle, die ein bestimmtes Geld z.B. den USD haben wollen (Extremfall) nichts dafür geben wollen, wäre für USD bald nichts Sinnvolles mehr zu kaufen bzw. zu bekommen. Dann verliert der USD zuerst an Attraktivität, dann an Akzeptanz und dadurch an Wert. Der Ausdruck für höheren oder niedrigeren Nutzwert eines USD wären Preis- bzw. Kursanpassungen der Güter bzw. Kursanpassung des USD gegenüber anderen Geldsymbolen wie Bitcoin, Euro, Aktien.
Meine Kritik am heutigen Geldsystem ist daher weniger absolut als Samirahs:
Ich lehne ab, dass so viel Geld im nicht-produktiven Bereich „Finanzwirtschaft“ nur zum Kauf von Geldsymbolen erzeugt wird, weil es dasselbe Geld ist, mit dem „Realwirtschaft“ also echte Grundbedürfnisse bezahlt werden kann. Wenn Teile dieser Geldschöpfung aus der Finanzwirtschaft als Nachfrage nach realen Gütern (Wohnungen, Firmen, oder Grundstücke) „überschwappen,“ steigen in der Realwirtschaft die Preise an. Diesen Preisanstieg kann ein Konsument nur mit einer höheren Lohnforderung oder dem Ruf nach Sozialhilfe versuchen zu kompensieren. Deshalb ist das Geldschöpfungsprivileg der privaten Banken kritisch zu sehen und für die 99,9% der Bevölkerung, die es nicht haben, ein Ausgleich zu konzipieren.
Ich schließe ab mit dem Gedanken, dass auch grenzüberschreitender Handel ohne Steuern und Zölle (Freihandel) ein Privileg für eine kleine Gruppe großer Firmen ist. So passiert es seit mindestens 50 Jahren, dass der Sozialstandard und Umweltschutz von Österreich „unterwandert“ und damit Ausbeutung und Umweltzerstörung in jene Länder der Welt exportiert werden kann, wo Bevölkerungen noch weniger Mitbestimmung über ihre Lebensbedingungen haben.
Es hängt also viel am Geld und wie wir es verstehen, es zum Wohl oder zur Gewaltanwendung zu verwenden.
Liebe Grüße zum Frieden, Helmo
Prof. Heinz Wohlmeyer, in seiner Kindheit sah er in St. Pölten Leute verhungern, deshalb studierte er später internationales Wirtschaftsrecht und Ökologie:
Danke Helmo! D’accord.
Ich denke an die Arbeitswertscheine von Wörgl, die eine ‘leistungsgedeckte Währung’ waren und verboten worden sind. Dies funktioniert nur im überschaubaren, kleinen Bereich.
Meiner Meinung nach ist das kontrollierte Vollgeld, bei dem, die der Volkswirtschaft zu Verfügung gestellte Geldmenge von einem unabhängigen Währungsbeirat kontrolliert wird, eine probate Lösung.
Diese Geldordnung müsste noch durch ein angepasstes Steuersystem und eine sie absichernde Handelspolitik flankiert werden, wie ich es in meinem Manifest dargelegt habe – http://www.arge-gerecht-wirtschaften.at/downloads/wohlmeyermanifest1501unverzichtbareeckpunkte.pdf also einbettet in absichernde Rahmenbedingungen.
Wenn wir durch die ‘neuen’ Steuern den Staat und das Sozialsystem finanzieren, dann können wir auch die Leistungserbringer begünstigen (abgabenfrei stellen) und auf diese Weise können wir das Ziel der ‘warengedeckten Währung’ erreichen.
L.G. Dein/Euer Heinz
Danke Samirah !
Das Ziel ist klar und gut – aber die Umsetzung ist schwer. Daher habe ich Helmo beigepflichtet.
Dass wir die erdrückende Finanzblase auflösen müssen, ist eine conditio sine qua non (absolut notwendig).
Durch ein Trennbankensystem können wir den Finanzkreis (die spekulative virtuelle Finanzwelt) von der Realwirtschaft trennen.
Die alten Regionalbanken (insbes. Genossenschaftsbanken) haben nur realwirtschaftliche Projekte finanziert und waren damit Administratoren eines warengedeckten Geldes.
Sie haben den Wiederaufbau und die volkswirtschaftlich wünschenswerte Entwicklung finanziert. Sie wurden und werden aber zunehmend liquidiert.
Alles Liebe und großen Dank für Dein Bei-uns-sein, Dein Durchdenken der Finanzordnung, Deine augenöffnenden Beiträge, Deine Bücher und die Gespräche!
Dein alter Heinz
Von Samirah zu unserem „Brief an Superreiche“:
vielleicht gelingt es ja, die heutigen Eliten sinnstiftend und wertschätzend in einen Reformprozess einzubinden. Ich hatte damit bisher keinen Erfolg. So habe ich versucht die Erben des „taxmenow“-Vereins, die für eine höhere Erbschaftssteuer werben, dafür zu gewinnen, sich finanziell zu engagieren, um gemeinsam neue Gesetze zum Eigentumsrecht zu erarbeiten, was in meinen Augen eine notwendige Voraussetzung für eine nutzbringende Reform der Erbschaftssteuer ist. Leider blieb ich erfolglos. Das bedeutet jedoch nicht, dass ich Bemühungen, Reiche für Reformen zu gewinnen für sinnlos halte…