Meiner Kindheit im Mostviertel verdanke ich meine tiefe Verbindung zur Natur und meine Leidenschaft am Gärtnern. Wir hatten Obst- und Gemüseanbau in Subsistenzwirtschaft – also zur Versorgung der Großfamilie – und so war mir der vormittägliche Gang zum Acker, um Gemüse und Früchte für die Zubereitung des Mittagessens zu ernten, schon früh eine Selbstverständlichkeit.
Meine Mutter pflegte zu sagen: „Wenn die Kinder unruhig sind, gehen wir in den Wald!“ (Ich nehme an, es wirkte!).
Mit vierzehn Jahren arbeitete ich in den Ferien beim Gärtner unseres Ortes. Tagelanges Pikieren (Vereinzeln) von Pflänzchen und gelegentliches Kranzbinden für ein Begräbnis waren meine hauptsächlichen Tätigkeiten. Ich liebte es und fühlte mich sehr erwachsen, weil ich mein eigenes Geld verdiente. Beim Studium der Agrarwissenschaften wollte ich später mein praktisches Wissen vertiefen, es ließ mich jedoch auf gewisse Weise unerfüllt. Zurück zu meinen Wurzeln brachte es mich vorerst nicht.
Verschiedene Tätigkeiten in internationalem Rahmen sowie eine Therapieausbildung führten 2017 zu einer für mich sehr beglückenden Synthese. Ich begann meine Doktorratsarbeit zum Thema „Gesundheitsfördernde Potenziale von Therapiegärten für Kinder und Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen“. Dieses Projekt findet in einer der ärmsten Regionen der ehemaligen Sowjetunion, in Armenien, statt. Als Nachwirkung eines verheerenden Erdbebens im Jahre 1988 ist nicht nur die Armuts- und Arbeitslosenrate immens, auch die Zahl der Menschen mit besonderen Bedürfnissen bis hin zu schwersten Behinderungen liegt weit über dem Landesdurchschnitt. Staatliche Betreuungseinrichtungen gibt es nicht. Die damals (2013) noch verbreitete Einstellung in der armenischen Gesellschaft, Behinderte seien eine „Strafe Gottes“, führte dazu, dass Kinder oft aus Scham vor den Nachbarn versteckt wurden.
Von der Caritas Armenien wurde daher 2008 ein Kindertageszentrum gegründet, das 2015 bereits aufgrund der großen Nachfrage, insbesondere mit großzügigen Außenflächen, erweitert wurde. Zu den schönsten und prägendsten Erlebnissen im Rahmen ihres Aufenthaltes im Kinderzentrum befragt, gaben, fast alle Kinder, neben innigen Freundschaften, ihre Erlebnisse im Garten an. Sie begannen zu strahlen, wenn sie davon sprachen, wie sie die Hasen streichelten oder einfache Tätigkeiten in den (rollstuhltauglichen) Kräuter-Hochbeeten verrichten durften. Es gab sogar Kinder – und das war das, was mich immer am meisten bewegte – die im Therapiezentrum zum ersten Mal in ihrem Leben im Freien waren und die Sonne erblickten! Wir konnten förmlich beobachten, wie diese Kinder im Garten regelrecht aufblühten!
In einer geplanten biologischen Landwirtschaft sollen künftig nicht nur die Rohstoffe für die Küche des Tageszentrums angebaut werden, sondern Kindern und Jugendlichen des Tageszentrum zudem die Möglichkeit bieten, sich im Rahmen ihrer Fähigkeiten zu betätigen und zum Familieneinkommen beizutragen (dies ist in Armenien insbesondere für die Burschen/Männer essentiell). Der Pilotversuch „Kräutergarten“ wurde zum großen Erfolg. Er vermittelte den Jugendlichen Selbstvertrauen und sichtbare Erfolgserlebnisse, sie konnten zum ersten Mal im Leben erleben, was es heißt „wichtig“ zu sein und ihren Teil zur Gesellschaft beizutragen.
Wissenschaftliche Studien bestätigen, dass sich der Aufenthalt in der Natur oder im Garten, positiv auf die menschliche Gesundheit und Psyche auswirkt. Noch größer aber ist der „Erfolg“ wenn sich Menschen im Garten auch betätigen. Die Hände in die Erde zu stecken, etwas zu pflanzen oder zu ernten, tut einfach gut!
Was ich mir für die Zukunft wünsche? Dass mehr Menschen die Anbindung zur Natur (wieder) finden, ihre heilende Wirkung spüren und dadurch wieder den Kontakt zur „echten“ Welt erleben können.