Anders Herum (Artikel 123 AEUV)

Wie der Art. 123 AEUV die Politik hinsichtlich einer sozial-ökologischen Entwicklung behindert – und wie das zu ändern ist

Wer mit einer Scheibtruhe (Schubkarre)  über eine Stufe hinauf will, …was tut der  Er schiebt sie nicht hinauf, sondern zieht sie …. !
Warum??
Die Mechanik – ein Teil der Physik – zeigt das mit der Zerlegung der Schiebe- bzw Zugkraft in die horizontale und vertikale Richtung.  Die horizontale Kraft hat in beiden Fällen die gleiche Richtung: Die Fahrtrichtung. Die vertikale aber zeigt beim Schieben nach unten — drückt also das Rad in die Stufenecke hinein – und sperrt die Vorwärtsbewegung, während sie beim Ziehen nach oben weist,  und damit das Rad aus der Stufenecke herausgezogen wird.

Jede und jeder weiß das!! Keine Frage!

Ähnlich ist das bei der Finanzierung des Staates über Steuern und Abgaben in einem System, in dem Geld nur aus Verschuldung entstehen darf –  eine andere Entstehung rechtlich verboten ist. (Art. 123 AEUV – der sgn.  EU-Lissabon-Vertrag [1])  Im Vergleich heißt das: Verboten ist das Hinaufziehen der Schubkarre über die Stufe!

Konkret gesagt: Der Staat braucht zur Finanzierung seiner Aufgaben Geld, das er aber nicht schuldenfrei als Tauschmittel erhalten darf – wiewohl er die Grundlagen mit dem Rechtsstaat, mit einem geordneten Geldwesen,, und anderem mehr,  auf dem auch die  kapitalistische Wirtschaft erst aufbauen kann, zur Verfügung stellt. Mit dem Art 123 dagegen muss sich der Staat  heute entweder selbst durch Kreditaufnahme verschulden  – wiewohl er aber selbst die Schulden nicht tilgen kann, da er mit seinen Bereitstellungen von, und Leistung in Schulen, Krankenhäusern, Verkehrsinfrastruktur  …. keine Wertschöpfung betreibt – also  bemüht ist, aus Geld mehr Geld zu machen – sondern das Geld für den öffentlichen Konsum der staatlichen Leistungen  bereitstellt ,– die wir alle gemeinschaftlich verbrauchen: Direkt durch die Bereitstellung einer vielfältigen Infrastruktur, mit ihren Leistungen –  seien es das Bildungs-, Gesundheits-,  Sozialsystem,  Rechts- und Sicherheitssystem, Verkehrsinfrastruktur,-  oder indirekt über die Privathaushalte seiner Beschäftigten. Um aber aus  den Schulden herauszukommen, braucht dann der Staat das Geld-Wachstum der Wirtschaft, mit und aus dem auch für ihn das Mehr  an Geld anfällt, um damit seine Schulden tilgen zu können.  „Aus den Schulden herauswachsen“ nennt das der Sozialdemokrat Olaf Scholz als deutscher Finanzminister!

Das heißt nun, dass der Staat zu seiner Finanzierung genötigt ist, auf die kapitalistische Erwerbswirtschaft  zurückgreifen, die  für ihn das Geld, das er braucht, bei den Banken aufzunehmen. Sich die Unternehmen bei den Banken  für ihn – den Staat – verschulden, und dieses Geld dann an den Staat in Form von Steuern und Abgeben abführen – und schließlich die daraus entstandenen Schulden für ihn auch wieder tilgen.

Wobei hier noch festzuhalten ist, dass die Geschäftsbanken das Geld, das sie den Unternehmen über Kredite zuführen, nicht aus Ersparnissen der Unternehmen und Haushalte kommt, sondern von den Geschäftsbanken selbst aus dem „Nichts“ durch einfache Bilanzverlängerung geschöpft wird.

Die EU-Verträge verbieten das nicht, öffnen also hier die Geldschleusen, die zu inflationären Aufblähungen der Geldmenge führen können, während sie mit eben der Begründung die Direkt-Finanzierung des Staates nach Art, 123 verbieten.

Das aber heißt nun weiter:  Heute muss die Wirtschaft etwa doppelt so hohe Kredite aufnehmen, als für die direkte, die eigentliche Finanzierung  der Bereitstellung ihrer  Waren und Leistungen aufgebracht werden muss. Damit verdoppelt sich in etwa nicht nur die Investitionssumme der Unternehmen, sondern gerät in weitere Folge auch der Staat in die Abhängigkeit vom Gedeihen der Wirtschaft. Er  gerät mit der Alimentierung durch die Wirtschaft in eine Zwangslage, die ihn vielfach daran hindert, die Wirtschaft sozial und ökologisch auszurichten.  Auch der Staat ist vielmehr  selbst bemüht, dass die Wirtschaft wächst, aus Geld mehr Geld wird – anstatt eine nachhaltige Nutzung der natürlichen Ressourcen durchzusetzen.

Mit dieser Ausrichtung  passiert hinsichtlich einer nachhaltigen Politik das, was passiert, wenn man den Schubkarren über die Stufen hinauf schieben will. Es sperrt!

Daher müssen wir auch hier die Handlungsrichtung umdrehen, wenden!

Der erste Schritt zu dieser Wende  ist daher die Aufhebung des Art. 123 AEUV!!

Diese Handlungsfolge ist – wie schon gesagt. derzeit so:  Schon bei Beginn der Produktion in der Erwerbswirtschaft muss die Wirtschaft den Staat vorfinanzieren, damit dieser mit diesem Geld dann bei der Wirtschaft kaufen kann –  wie weiter oben beschrieben. Damit verdoppeln sich die Brutto-Kosten der Wirtschaft –  und damit auch die Verkaufspreise. Die Beschäftigten der Erwerbswirtschaft könne sich somit mit ihren Netto-Löhnen nur etwa die Hälfte der von ihnen erzeugten Konsumprodukte kaufen – die andere geht an den Staat bzw. die von ihm mit Geldeinkommen Bedachten. 

Das Selbe aber wäre auch dann zu erreichen, wenn der Staat von Vorneherein durch die EZB  eigenständig schuldenfreie mit  Geld versorgt würde.   Also Geld, das nicht aus Krediten – die ja  zurückgezahlt werden müssen – stammt, sondern erst einmal einfach als  Zähl-und Tauschmittel zur Verfügung gestellt wird – und später über die Begleichung der Steuern & Abgaben wieder zum Staat zurückkommt.  Als Nachweis der Erfüllung der Steuer- und Abgabenpflicht als  integraler Bestandteil des Staatswesens.

Mit diesem Geld kaufen die vom Staat für ihre Leistungen mit diesem Geld bedachten Privathaushalte so wie die Lohnbezieher der Erwerbswirtschaft auf den Konsummärkten – die  Konsum-Waren und – Leistungen der Erwerbswirtschaft. Die in der Erwerbswirtschaft Beschäftigten teilen die von ihnen erzeugten Waren und Leistungen mit denen, die die für die Wirtschaft bereitgestellten staatliche Leistungen bereitstellen – so wie sie auch heute schon tun – im Sinne von Solidarität und Reziprozität. [2]

Diese  Dynamik  führt nun allerdings dazu, dass die Verkaufspreise der Konsumgüter- und Leistungen in etwa doppelt so hoch sind wie ihre Herstellungs- und Betreibungskosten.  Dieser Mehrertrag wird deshalb vom Staat über Steuern & Abgaben eingezogen –  mit demselben Effekt wie bisher, allerdings in einer abgeänderten Reihenfolge.

Damit ist das Geld, das der Staat an die Wirtschaft weitergibt, im  eigentlichen Sinn nichts anders als eine Steuergutschrift.  Da diese aber in ihre Erscheinungsform gleich ist wie das  Geld, das die Wirtschaft in Form von Krediten bei den Geschäftsbanken aufnimmt, kann – bildlich gesprochen – jeder Geldschein als Steuergutschein verwendet werden.

Der Staat gewinnt dabei an politischer Gestaltungskraft, aber auch an Verantwortung in der Finanzpolitik.  Es ist daher eine Institution zu schaffen, die unabhängig als vierte Staatsgewalt – die Monetative – neben der Legislative, der Exekutive und der Jurisprudenz, die Verantwortung über die Gestaltung und Kontrolle der staatlichen Geldbereitstellung Verantwortung übernimmt.

Erst mit Verwirklichung dieser Reform des Geld- und Steuersystems ist die Verwirklichung einer sozialen und ökologischen Politik  möglich,  da erst damit der Staat aus einer Abhängigkeit von der monetäre Alimentation durch die kapitalistische Wertschöpfung – d.h. aus Geld mehr Geld zu machen . sich befreien kann.  Erst jetzt wird möglich, die Arbeitskosten von den Steuern und Abgaben weitgehend zu befreien,  deren Ertrag in etwa zwei Drittel der gesamten Einnahmen   der öffentlichen Hand ausmachen.  Und erst jetzt wird möglich, den Verbrauch an Ressourcen der Natur  durch Steuern und Abgaben  so zu belasten, dass deren Einsatz möglichst sparsam  eingesetzt und über eine möglichst lange Zeit auch ökonomisch sinnvoll genutzt wird. Damit soll eine Veränderung unserer Wirtschaftsstruktur einhergehen, welch die Obsoleszenz durch Dauerhaftigkeit ersetzt:  Statt immer weitere Investitionen in industriell eingesetzte Hard- und Software finanzielle Unterstützung von  gewerblichen Service- und Reparaturbetrieben,  die  menschliche Arbeit nachfragen und  solide  Arbeitseinkommen bieten, die nun durch den Wegfall eines Großteils der steuerlichen Belastung eine weitgehende Beseitigung der Differenz zwischen den Brutto Arbeitskosten und Netto-Arbeitseinkommen ermöglichen.

Ebenso kann nun auch der Staat seine Leistungen im Pflege- und Gesundheitsbereich ausbauen, dort attraktive Bezahlung möglich machen.  Weiters die Bereitstellung eines ständig abrufbaren und flexibel einsetzbaren Zivildienstes und ähnliches  finanzieren.  Auch ein Grundeinkommen sollte damit finanzierbar sein, das allerdings nicht bedingungslos ausgezahlt wird, sondern an Bemühungen nach Suche nach sinnvollen gesellschaftlichen Leistungen  – wie weiter oben schon angeführt – geknüpft wird.

Mit all den Arbeitseinkommen wird weiterhin auch eine monetäre Nachfrage nach industriell hergestellten Waren aufrechterhalten, die von der Erwerbswirtschaft auch ausreichend zu sichern ist. Das wird der Industrie auch durch den Einsatz von arbeitssparenden  digital gesteuerten Einrichtungen und Maschinen  auch möglich sein.


[1]Art. 123 AEUV  (ex-Artikel 101 EGV)

(1) Überziehungs-  oder andere Kreditfazilitäten bei der Europäischen Zentralbank oder den Zentralbanken der Mitgliedstaaten (im Folgenden als „nationale Zentralbanken“ bezeichnet) für Organe, Einrichtungen oder sonstige Stellen der Union, Zentralregierungen, regionale oder lokale Gebietskörperschaften oder andere öffentlich-rechtliche Körperschaften, sonstige Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder öffentliche Unternehmen der Mitgliedstaaten sind ebenso verboten wie der unmittelbare Erwerb von Schuldtiteln von diesen durch die Europäische Zentralbank oder die nationalen Zentralbanken.

(2) Die Bestimmungen des Absatzes 1 gelten nicht für Kreditinstitute in öffentlichem Eigentum; diese werden von der jeweiligen nationalen Zentralbank und der Europäischen Zentralbank, was die Bereitstellung von Zentralbankgeld betrifft, wie private Kreditinstitute behandelt.

[2] Das entspricht dem, was  Post-Keynesianerin Joan Robinson in  Korrektur der Keynes-Formel so formuliert hat:
„Der Überschuss der Einnahmen aus dem Verkauf von Konsumgütern über deren Lohnsumme ist gleich der Lohnsumme im Investitionssektor. Die Gewinnspanne beim Verkauf der Konsumgütern hindert die Arbeiter (im KG-Bereich,   E.D.) daran, ihr gesamtes eigenes Produkt zu konsumieren und ermöglicht den Arbeitern im Investitionssektor, am Konsum teilzuhaben.“ (J. R., Über Keynes hinaus, 1967, S. 99).

Im obigen Fall geht es bei dem Überschuss nicht um den Unternehmensgewinn, sondern um den Nachweis Steuern und Abgaben, die bereits real abgeführt wurden.
Diese Form der Besteuerung  als Zehent  musste   im kanonischen Recht in Form von Naturalien geleistet werden und wurde al „eigentlicher Zehent“ bezeichnet. Er später konnte die Begleichung als „uneigentlicher Zehent“ auch in einem Substitut erfolgen – etwa in Geld. (Siehe  Philipp Otto Ottenthal , Der Zehent nach canonischem und österreichischem Rechte, Linz 1823)

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