Haltungen für einen friedlichen Wandel: inspirierende Geschichten aus meinem Leben zu einer eine gerechtere Geld- und Wirtschaftsordnung

Vorwort

„Ihr habt immer zwei Möglichkeiten, Hoffnung oder Resignation!“ Diese Worte von Karl Rahner, seine tiefe Stimme, haben sich tief in mir eingeprägt. Ich hatte das Glück, in Innsbruck eine Ansprache für Jugendliche von ihm zu hören.

Unsere Geldordnung funktioniert nur einige Zeit nach Neuanfängen gut, solange die Wirtschaft natürlich wächst. Später muss sie profitorientiert weiterwachsen, damit die Kreditkosten immerzu noch höherer Schulden bezahlt werden können. Sobald sich Private und Unternehmen nicht mehr in ausreichender Höhe weiterverschulden, sind Regierungen dazu gezwungen, sich zu verschulden. Unser Geld kommt zum größten Teil durch Kredite privater Banken in die Welt. Verschuldete Staaten aber können nicht mehr unabhängig entscheiden, wofür sie Geld zur Verfügung stellen.

Div. Zusammenhänge von Problemen unserer Geldordnung werden falsch oder gar nicht gelehrt. Diese Situation zu enttabuisieren, also „Geldfriedensarbeit“ zu leisten, alternative Geldkonzepte bekannt zu machen, in interdisziplinären, überparteilichen Dialogrunden eine nach über 80 Jahren dringend notwendige neue Weltwährungskonferenz mitvorzubereiten, wäre das „Gebot der Stunde!“

Unterschiedliche Sichtweisen zu Symptomen von Problemen unserer Geldordnung spalten die Gesellschaft. Massivstes Unrecht und Kriege führten zu Fluchtbewegungen nach Europa. Nichtwissen über Hintergründe wirtschaftspolitischer Sachzwänge in Bezug auf Wachstum,  Verschuldung und Inflation „dienen“ Sündenbockstrategien und lenken vom Erkennen der Notwendigkeit eines Systemwandels ab. Spaltung gefährdet den inneren und äußeren Frieden.

Es ist wichtig, aber zu wenig, dieser Situation mit mehr Wissen über Probleme, Gefahren unserer Finanzarchitektur und alternative Geldkonzepte zu begegnen. Weltweit bemühen sich zehntausende Initiativen um mehr Gerechtigkeit. Wir brauchen Hoffnungen und Wege dafür, ins Miteinander zu kommen und den finanziellen Gewinnern der „Herrschaft des Geldes“ beglückendere Alternativen anzubieten.

Mir wurden spannende Begegnungen und Erzählungen von Menschen geschenkt, die sehr viel für das Wohl anderer erreichen konnten. Gerne möchte ich mit deren Geschichten und eigenen Erfahrungen Mut machen, sie auch als Metaphern benutzen. Es bereitet tiefe Freude, etwas tun zu können, um Menschen, die in großer Not, vor allem auch in Irrtümern, gefangen sind, befreiend zu begegnen. Es geht vor allem um Irrtümer, welche Gier nach Macht und Geld erzeugen, als Ersatzbefriedigung für den wahren Sinn des Lebens. Böses zu tun kann den Schmerz innerer Verletzungen lindern, indem man eben auch andere leidend macht. Es ist wie mit Rache, die befriedigt, gleichzeitig aber das Unheil, auch im eigenen Leben, massiv verstärkt.

DANKE für Ihre Zeit! Danke, lieber Anton, fürs korrigieren! Josefa Maurer

Luzi: Inspiration für’s Leben

„Es gibt Menschen, die finden für jede Lösung ein passendes Problem.“ Dieser Satz von Luzi Lintner, mit der ich ein Jahr lang zusammenleben durfte, zeigt, dass es beim Nichtannehmenkönnen div. Herausforderungen nicht nur um Bequemlichkeit, sondern auch um Ängste geht, die lähmen, uns daran hindern, Verantwortung zu übernehmen, und umzudenken. 1975/76 haben Luzi und ich, nach unserer Vorbereitungszeit in Mödling und einem Sprachkurs in Cochabamba, zusammen in San Antonio de Lomerio, im Osten Boliviens, als Entwicklungshelferinnen des ÖED gearbeitet. Luzi war Sozialarbeiterin, mit großer Begabung zu sehen, zu hören, zu reagieren. Die Südtirolerin lehrte Handarbeiten, Gemüseanbau, war in der Begleitung einer Cooperativa unterwegs, bis hin zum Aufbau einer Ziegelei, um Menschen ohne Gift vor der Vinchuca zu schützen. Diese Raubwanze überträgt den Mal de Chagas und verursacht Lähmungen der glatten Muskulatur, die zum Tod führen.   Dachziegeln haben jenem Insekt den Lebensraum genommen.

Später arbeitete Luzi für die Diözese Bozen-Brixen, war für Auslandskontakte und Randgruppen zuständig. Gemeinsam mit Freunden gründete Luzi das „Haus der Solidarität“ in Brixen. Luzis Gottvertrauen half ihr z.B., Verantwortung für ein Fest zu übernehmen, obwohl sie gerade überhaupt kein Geld mehr hatte. Viel zu schnell, weil zu spät unterwegs nach Brixen, sah sie eine ältere Autostopperin, fuhr vorbei, legte dann aber den Rückwärtsgang ein.

Die Frau musste zum Arzt. Voller Dankbarkeit beschenkte sie Luzi mit einem ganzen Bündel von Geldscheinen. Damit war nicht nur das Fest gerettet.  

Luzi nahm alle Autostopper mit, vom Ritten hinunter nach Bozen. War das Auto voll, so übergab sie das Lenkrad, mit dem Auftrag, den Schlüssel bei der Caritas in den Postkasten zu werfen. Sie selbst wurde vom nächsten Auto mitgenommen, da sie jeder kannte. Luzi fand es, ihrer so vielen Ideen wegen, eines Tages einfacher, ohne Angestelltenverhältnis zu leben. Sie verzichtete auch auf die Krankenversicherung. Als eine Operation notwendig war, ließ Luzi diese von einem befreundeten Arzt in Bolivien machen. Für ihre Projekte in Afrika und Lateinamerika war es ihr wichtig, Freunde dorthin mitzunehmen. Damit entstanden Partnerschaften, die ihren Tod überdauert haben. Luzi, eine ausgezeichnete Schwimmerin, ertrank am 03.02.2008 im Rio Zapoco in Bolivien. Ein Ast, an dem eine Behelfsbrücke befestigt war, brach ab.

Einmal begleitete ich Luzi zu einem kleinen Bauernhaus über einem sehr steilen Hang. Sie kochte hier für zwei uralte Frauen.  Zuvor hatten die beiden Besuch von Zeugen Jehovas bekommen, welche mahnten, man solle sich „auf den Himmel“ vorbereiten. Die Antwort: „Im Himmel, da sind wir ja schon, jeden Tag haben wir genug zu essen!“ Dieser Himmel wäre allen Menschen möglich, wenn „Die Herrschaft des Nichtwissens“ (nach Karl-Heinz Brodbeck), der Kapitalismus, Geschichte werden könnte. 

Was ich aus dem Leben einer Diplomatin gelernt habe …

Martha Steiger: „Ich hatte Zeit, sitzen zu bleiben, bis es mir möglich war, die gewünschte Person zu sprechen.“ Martha war Diplomatin in den geheimen Diensten des Vatikans. Sie erzählte mir bis zu ihrem letzten Einsatz, als sie als 80-Jährige per LKW-Stopp in Sibirien unterwegs war, weder Namen von Personen, noch von Ländern, in denen sie zu vermitteln versucht hatte. Nur einzelne Sätze hörte ich von ihr: Martha war ganz allein in einer afrikanischen Wüste unterwegs gewesen, um Gefangenenlager zu besuchen, und beinahe verschmachtet. Wenn man sie aus Regierungsgebäuden hinausgetragen hatte, blieb sie davor so lange sitzen, bis sie die gewünschte Person sprechen konnte. Dank ihrem Einsatz sind Straflager aufgelöst worden. Aus Sibirien ist sie schwer krank zurückgekommen. Martha konnte nur noch mit großer Mühe schreiben, meist nur noch leise sprechen. War sie bei Stimme, so arbeitete sie weiter, diktierte ihrem Bruder, der in der Schweiz wohnt, am Telefon Briefe. Dieser beherrscht, so wie sie, acht Sprachen. Ihr letzter Einsatz führte sie bis zu Putin. Allerärmste Holzfäller, die nicht einmal richtige Schuhe hatten, konnten wegen des Wassers in den Permafrostgebieten nur im Winter arbeiten und hatten zwei Jahre lang keinen Lohn mehr bekommen. Der Einsatz war erfolgreich. Die Holzarbeiter bekamen ihren Lohn!

Martha verstarb 2023. Als sie spürte, dass sie vergesslich wurde, verbrannte sie alle ihre Unterlagen. Schließlich wurde Martha dement. Bei meinem letzten Besuch im Heim betete sie beständig das Sanctus in Latein.

Martha hatte als Kind von Diplomaten Zugang zu jenen Familien, deren Geld die Welt regiert.

Sie hat dort Härte erfahren. Martha nickte bedeutsam, als ich fragte, ob hier Empathie abtrainiert würde, um die Überlegenheit gegenüber Regierungen in der Familie zu erhalten.

Ich weiß bzw. bekam dies auch anhand von Beispielen erzählt, dass superreiche Menschen mehr als andere in Gefahr sind, an Sinn- und Vertrauenskrisen, an Angstzuständen und Depressionen zu erkranken. Auch Selbstmorde kommen hier öfter vor als anderswo.

In den Jahren 2008/09 verübte eine Reihe prominenter Banker in der Schweiz Selbstmord. Diese Männer dachten, ihr Gesicht verloren zu haben.

Wie können wir rüberbringen, dass JEDER im Wandel sein Gesicht und seine Grundinteressen wahren könnte, weil es doch wirtschaftspolitische Sachzwänge sind, die verführen und dazu drängen, sich für Unrecht zu entscheiden und Kriege zu provozieren! ALLE könnten Teil der Lösung werden! Oder sollte es weiterhin Kriege geben? Sollten wir

… Menschen verbluten lassen?

In Coloradillio, nahe dem Ort, wo Luzi zu Tode kam, ertastete ich um Mitternacht bei einer Gebärenden mit schweren Blutungen eine Plazenta prävia. In einem solchen Fall muss sofort operiert werden. Ich spritzte Wehenhemmer, Männer banden eine Hängematte an einer Stange fest, um die Frau in unser kleines Krankenhaus zu tragen, 11 km weit. Ich fuhr mit dem Moto voraus, um Männer von den beiden Nachbarorten zu wecken und sie um Hilfe zu bitten. Immer zwei und zwei trugen die Patientin im Laufschritt. Ich war gezwungen, Blut zu transfundieren, obwohl mir eines der dafür notwendigen Seren zum Auskreuzen fehlte. Ich wusste aber, dass reinrassige Indios fast immer 0 pos. haben. Die Männer scheuten sich sehr davor, Blut zu spenden, ich verlangte es, ging an P. Pios Bierreserven … Um 6:00 gab es Funkkontakt, um 14:00 war der Arzt für die lebensrettende Schnittentbindung da.

Seit 1992 darf ich Informations- und Vernetzungsarbeit für eine friedensfähige Geldordnung leisten. Oft spüre ich, so wie damals, als ich in jenem Dorf mein Moto bestieg, die Gewissheit, dass es sinnvoll ist zu versuchen, das mir Mögliche gegen Unheil zu tun.  

In Cochabamba, dort, wo wir einen Monat lang Spanisch gelernt hatten, musste um 2000 das Wasser privatisiert werden. Wasser kostete nun in dieser Großstadt 1/3 eines durchschnittlichen Monatsgehalts und es war gesetzlich verboten worden, Regenwasser zu sammeln. Blutige Unruhen waren die Folge. Die Regierung musste hohe Strafen bezahlen, weil jener Vertrag nicht eingehalten werden konnte. Anderswo müssen Regierungen fruchtbare Böden verkaufen, um Staatsschulden zu bedienen. Bauern werden – für Hungerlöhne – Saisonarbeiter auf Kaffee- und anderen Plantagen.Da die Wirtschaft profitorientiert wachsen muss, damit unsere Geldordnung funktionsfähig bleibt, wurden in den 1980er-Jahren weltweit junge Banker verschickt, um für Kredite zu werben. Diese sind niemals mehr rückzahlbar, müssen aber bedient werden. Millionen werden gespendet, doch täglich wird über eine Milliarde an Kreditkosten aus Ländern, in denen sehr arme Menschen wohnen, abgesaugt.

Wie konnte es dazu kommen, dass Banken mächtiger sind als Regierungen?

Der Start des jetzigen Systems erfolgte 1695, als dem verschuldeten englischen König Willhelm III. Geld angeboten wurde, gegen das Recht, Banknoten herausgeben zu dürfen. Damit war die Bank of England gegründet. England konnte mit dieser „Geldmaschine“ das Weltfinanzsystem an sich ziehen. Dieses De-facto-Beherrschungssystem ging durch den 1. Weltkrieg verloren. Die US-Hochfinanz trotzte dem verschuldeten England die Führungsrolle ab. England wurde zum „Juniorpartner“ der USA.

Abraham Lincoln, 16. Präsident der USA, sagte bereits am 21.11.1864:

„Die Macht des Geldes beutet eine Nation in Friedenszeiten aus, und verschwört sich gegen sie in Kriegszeiten. Sie ist despotischer als eine Monarchie, unverschämter als eine Autokratie und egoistischer als eine Bürokratie. Ich sehe in naher Zukunft eine Krise herannahen, die mich verunsichert und mich erzittern lässt, vor Sorge um die Sicherheit meines Landes. Großunternehmen wurden inthronisiert, eine Ära der Korruption in oberen Stellen wird folgen und die Macht des Geldes im Land wird alles daransetzen, ihre Herrschaft zu verlängern, wobei die Vorurteile der Menschen so lange bedient werden, bis der Reichtum in einigen wenigen Händen konzentriert und die Republik zerstört ist.“

Abraham Lincoln

Vorurteile zu Geld und Wirtschaft

Zu den Vorurteilen die mir begegnet sind gehören:

  • Geld funktioniert wie ein Naturgesetz
    Nein, was Menschen erdacht haben, kann verändert werden!
  • Es gibt nur zwei Möglichkeiten: Kapitalismus oder Kommunismus. Also nur die Wahl: Pest oder Cholera.
    Nein, unsere Geldordnung könnte auch gesund sein!
  • Regierungen sind schuld.
    Nein! Es geht um ein Gemisch von zu wenig Hintergrundwissen – Geld wird an den Universitäten falsch oder gar nicht gelehrt – und manipuliert, erpressbar gemacht werden. 
  • Reiche sind schuld.
    Nicht direkt, sie hätten mehr als andere die Möglichkeit, gerechtere Strukturen zu gestalten. Aber auch Fondsmanager wissen z.T. nicht, was ihre Entscheidungen bewirken.

Es beginnt schon in der Kindheit

Kein Kind kommt „ungeschoren“ durch die Kindheit. Böse Entscheidungen haben wie andere seelische Erkrankungen ihre Wurzeln oft in Erfahrungen aus dem Kleinkindalter. Damit habe ich etwas gemeinsam mit manchen jener Menschen, denen Empathie bewusst abtrainiert wurde: Härte in der Erziehung, die Erfahrung Depression, trotz überaus liebevoller Eltern. Ich war ein lebhaftes Kind. In meinem Unterbewusstsein hatte sich eingegraben, wie es ist, eingesperrt zu sein und auf Schläge warten zu müssen.

Eine Frau hatte in Asunta, einem Nachbardorf von San Antonio de Lomerio, vier Männer vergiftet. Nun war die Frage, alte oder neue Justiz? Neue Justiz hätte geheißen, dass sie im Gefängnis in Santa Cruz verhungert. Alte Justiz, also Schläge, konnte überlebt werden. Alle waren von der alten Justiz überzeugt. Ich aber wehrte mich massiv dagegen, wollte die Tat als geistig abnorm hinstellen. Es war mir aber nicht möglich, mit der Täterin zu sprechen. Ich brauchte einen Übersetzer, weil sie kein Spanisch verstand. Die Frau überlebte. Als sie wieder gehen konnte und P. Pius zu Besuch kam, beichtete sie und empfing die Hl. Kommunion. Alles war wieder gut. In Asunta entschloss man sich sogar dazu, eine eigene Kapelle zu bauen.

In mir entwickelte sich nach ca. 1 ½ Monaten aus heiterem Himmel eine schwere Depression. Schließlich konnte ich mich nicht mehr bewegen, nur noch lallen. Gerade da aber war der Arzt in der Nähe und konnte mir Infusionen anhängen. (Unbehandelt kann eine schwere Depression zu Elektrolytentgleisungen führen.) Erst zwei Jahre später wusste ich um die Ursache dieser so schlimmen Krankheit. Pfarrer Franz Guggenberger aus Salzburg und ein Bericht darüber, dass 6-8 Wochen nach einem traumatischen Erlebnis Depressionen auftreten können, enträtselten für mich die Situation von damals.

Heute bin ich sehr froh über diese Erfahrung. Damit kann ich Menschen, deren Geld „die Welt regiert“ und auch solche, denen Krieg und Unrecht finanzielle Vorteile bescheren, besser verstehen. Während meiner depressiven Phase fehlte mir jegliches Mitgefühl.  

Hon. Prof. Dipl.Ing.nat.techn. Dr.iur. Heinrich Wohlmeyer arbeitet im Kernteam des Forum Seitenstetten mit. Hier der Link zu seinem Manifest.

Als Kind, geb. am 12. 1. 1936 in St. Pölten, sah er Menschen verhungern und studierte deshalb Int. Wirtschaftsrecht, Landwirtschaft und Ökologie. Er war von Bauern aufgepäppelt worden, nachdem sein Vater vor dem Abtransport ins KZ verstorben und seine Mutter schwer krank geworden war. Heinz war ein unglaublich kreatives und mutiges Kind. Als die Russen kamen und verstecktes Getreide verschimmelt, also auch für Tiere giftig war, wurde mit einer Sonderkonstruktion vom Bindermeister Schnaps gebrannt. Für die geschrotete Schimmelgetreidemaische waren Güllefässer in den Bach gelegt worden, um sie zu reinigen. Den Bauern fehlten die Pferde, sie waren mit den Flüchtlingen im Westen, oder, von Russen gestohlen, am Stadtplatz in St. Pölten angebunden. Heinz ging also täglich mit einem Rucksack voller Heu, in dem eine Schnapsflasche eingebettet war, in die Stadt. Er fütterte die Pferde und die Russen bezahlten den Schnaps mit Pferden. Heinz brachte die Tiere den Bauern, die damit wieder ihre Felder bestellen konnten.

Heinrich ist Großneffe von Julius Raab. Es gibt eine Erzählung von ihm, wie es zur Neutralität im Staatsvertrag kam.

Die Wende bei den Verhandlungen in Moskau brachte Raabs Idee, „vertraulich“ – das Gespräch wurde natürlich abgehört – mit Adolf Schärf zu sprechen: „Du, Adolf, ich muss mit dir vertraulich reden … Wir können den Russen vertrauen, sie sind Leute mit Handschlagqualität … Und sie wären ja strategisch unklug, wenn sie auf einen neutralen Keil zwischen Genfersee und Neusiedlersee verzichten würden …“

Raab betete. Friedensarbeit braucht Vertrauen in die Liebe! Wer keine bewusste Beziehung zu Gott gestaltet, sich aber dafür entscheidet, der Liebe zu vertrauen, wird ebenso Wunder ermöglichen wie gläubige Menschen.

Anna Strasser überlebte das KZ. Im Rahmen der Landesausstellung in St. Peter/Au 2007 war es mir möglich, täglich im Pensionistenheim Führungen durch die Ausstellung „Segen und Fluch des Geldes“ anzubieten. Dadurch lernte ich Anna kennen. Sie half als Bürokraft im Lagerhaus Mauthausen Gefangenen, wo immer sie helfen konnte. Im Gasthaus lernte Anna beim Mittagessen SS-Leute kennen, die sie beschützten und unterstützten und sich bei ihr im Büro „ausweinten“. Erst im September 1944 wurde Anna verraten.

Ihr für mich wichtigster Satz war: „Überall gibt es gute Leute!“

Männer von der SS Mauthausen hatten als Ausweg nur die Möglichkeit, sich an die Front zu melden. Dort aber befürchteten sie, von den eigenen Kameraden von hinten erschossen zu werden.

Viktor Frankl, Professor für Psychiatrie und Jude, überlebte vier KZ. Er meinte, man könne Heldenmut nur von sich selbst, nicht aber von anderen fordern.

Wer heute an exponierter Stelle in der Politik oder als Journalist nicht mit der „Herrschaft des Geldes“ kooperiert, lebt gefährlich. Dies möchte ich allen Menschen nahelegen, die „Handschellen klicken hören wollen“!

Nach dem Krieg arbeitete Anna Strasser in einer Missionszentrale in Wien. Danach lebte sie wieder in St. Valentin, bis sie zu uns ins Pflegeheim nach St. Peter kam. Anna konnte nichts mehr für sich behalten. Ihren gesamten Schmuck schenkte sie nach dem Krieg einer Frau, die mit ihr inhaftiert und schwer krank geworden war, in der Hoffnung, dass sie mit Schmuck bzw. dem dafür erhältlichen Geld geheilt werden könnte. Annas Neffe erzählte, dass seine Tante, wenn z.B. ein Türl vom Küchenkastl kaputt ging, kein neues wollte. Auch eine neue Glühbirne brauchte und wollte sie nicht, da ohnehin im Vorhaus Licht war usw. Anna war glücklich, wenn sie schenken konnte. Mir wollte sie einmal unbedingt Socken aus ihrem Nachtkasterl schenken. Beim nächsten Besuch schmuggelte ich diese wieder zurück.

Es war ein so großes Geschenk für mich, Anna die letzten drei Jahre ihres Lebens begleiten zu dürfen. Sie verstarb 2010.

Anna Rohrhofer lernte ich als Oma eines Kindergartenfreundes unserer Kinder kennen. Es gelang ihr, gemeinsam mit ihrer Schwester (Die beiden waren 18 und 19 alt) am Ende des Krieges 23 Juden, die für den Bau eines Wehres bei ihnen in der Bogenmühle wohnten und arbeiteten, in einem selbstgebauten Stollen zu verstecken. Der Pfarrer von St. Michael war im KZ, man wusste, wie gefährlich diese Aktion war. Nachts wurde am Stollen gebaut, in der Früh alle Spuren des Baues beseitigt, in den nächsten Nächten weitergeschaufelt und gezimmert …

Hätte nicht Katharina Zinner, eine Geschichtelehrerin, Annas Schwester Maria nach Erzählungen aus der Zeit um das Kriegsende gefragt, so wäre diese Geschichte völlig vergessen worden. Auch die Nachbarn wussten nichts mehr, niemand mehr hatte eine Ahnung von dieser Rettung, weil es einfach SELBSTVERTÄNDLICH WAR ZU HELFEN WO GEHOLFEN WERDEN KONNTE!

Die geretteten Juden hatten bereits in Wien am Verschiebebahnhof riesiges Glück. Jener Waggon, der für St. Valentin bzw. für die Bogenmühle bestimmt war, wurde nach Auschwitz weitergeleitet. In die Bogenmühle kamen z.T. auch Frauen, Kinder und alte Leute.

Anna war überglücklich, als sie von unserer Landeshauptfrau geehrt wurde, Besuch von Radio Maria bekam, von „Welt der Frau“ und anderen an ihrem Leben interessierten Leuten. Sie erzählte mir sehr viel. Vor allem auch von massivem Unrecht, welches ihren Eltern vom Großvater und seinen Töchtern angetan worden war! Trunksucht und Gier wollten das junge Paar hinausekeln. Der Onkel aus Oberösterreich setzte dieser Situation ein Ende. Die Schwägerinnen seiner Schwester mussten das Haus verlassen, sie wurden später zu innig geliebten Tanten. Der Mostkeller wurde zugesperrt. Es gab täglich nur noch zwei Krüge Most für den später überaus liebevollen Großvater!

Wir brauchen klare Verhältnisse für ein gerechteres weltweites Miteinander! ZUM WOHLE ALLER! Die Großmacht Kapitalismus fordert Gier, führt zu diversen Süchten, zerstört nicht nur das Leben der Opfer, sondern auch jenes der Täter!

Anna Rohrhofer verstarb wenige Tage vor ihrem 96. Geburtstag im März 2023. Sie hat sehr, sehr viel gegeben. Randvoll mit Dankbarkeit für ihre große Familie durfte sie ihr Alter in der Bogenmühle genießen.

Jean Goss war 28 Jahre alt und hatte Tage und Nächte hindurch sehr viele deutsche Soldaten getötet, als er sich plötzlich darüber klar wurde, dass er nicht Hitler, sondern Bauern und Arbeiter, wie auch er einer war, umgebracht hatte.

Mitten in dieser Situation hatte Jean ein starkes Gotteserlebnis.

Aus einem Brief an einen Freund: Eines Tages, kurz bevor ich gefangen genommen wurde, erwachte ich plötzlich wie außer mir. Mit einer ungeheuren Kraft brachen Friede und Freude in mir aus, ich hätte mein Glück hinausschreien können. Ich war erfüllt von Vertrauen, Geborgenheit und Frieden. Völlig unverständlich, denn ich war mitten im Krieg. Meine Seele durchdrang eine immense Liebe zu allen Menschen, Freunden, Feinden, ich war voller Verlangen, diese Liebe weiterzugeben.

Jean spürte, dass er lehren sollte zu lieben, wie Gott liebt.

Als Zwangsarbeiter bei der Rübenernte in Norddeutschland ermahnte er seinen Kameraden, der missmutig arbeitete. Er wäre kein Christ, wenn er jenem Großbauern nicht mit Freude dienen würde. Dieser war Priester und ermutigte ihn, im Gefangenenlager von seiner Erfahrung zu erzählen. Jean bat um Hilfe, die Kameraden sollten ihm helfen, sich beständig für die Liebe zu entscheiden. Kommunisten und Atheisten verstanden ihn viel schneller als Christen. Diese dachten, es wäre unmöglich, beständig die Liebe zu leben.

Einmal wurde ein Verbrechen begangen. Der Lagerleiter verkündete, dass es so lange nichts zu essen gäbe, bis sich der Täter gemeldet hätte. In der Nacht kam ein Kommunist zu Jean, fragte, ob er wüsste, was jetzt zu tun wäre. Jean wusste es. Morgens ging er zum Lagerleiter und sagte, dass er die Verantwortung für diese Tat zu übernehmen hätte. Der Lagerleiter war außer sich, er schrie: „Hinaus, du nicht!“ Er war selbst der Täter gewesen, man sah, wie er abgeführt wurde.

In mehreren Lagern fanden sich während der fünfjährigen Gefangenschaft immer wieder 7-8 Gefangene, die die totale Liebe leben wollten, aber auch die anderen Lagerinsassen entwickelten in Jeans Baracken ein sehr gutes Miteinander. Zweimal retteten SS-Leute Jean das Leben. Seine Frau Hildegard war Tochter des Friedensaktivisten und Mitbegründers des Internationalen Versöhnungsbundes Kaspar Mayr in Wien. Jean und Hildegard Goss-Mayr nahmen die Einladung von Papst Johannes XXIII. an Laien an, sich ins II. Vatikanische Konzil einzubringen. Es war ihnen möglich, sehr vielen Bischöfen aus aller Welt zu begegnen. Danach wurden sie eingeladen, gemeinsam mit ihren Zwillingen wochen- und monatelang in Lateinamerika, Afrika und Asien gewaltfreien Widerstand zu lehren. Eine Reihe von Bürgerkriegen konnten so beendet oder verhindert werden. Siehe Hildegard Goss-Mayr, „Die Gewaltlosigkeit Jesu – eine Kraft die Frieden schafft“ und „Wie Feinde Freunde werden“, Internationaler Versöhnungsbund. Dank Pax Christi durfte ich Hildegard Goss-Mayr begegnen. 2017 schrieb sie, wir mögen bitte für

Stefan Matzenberger, unseren Bergpredigtpazifisten, eine Festschrift zum 100. Geburtstag erarbeiten. Ich besuchte seinen Bruder und seine Schwägerin, die so überaus liebevolle Familie im Schindelmacherhaus, an der Gemeindegrenze von Seitenstetten, sprach mit Personen, die den 1986 Verstorbenen noch gekannt hatten. Das Kernteam vom Seitenstettner Friedensgebet hat dieses Projekt übernommen. Damit wurde die Festschrift zu einem Buch und jener Geburtstag mit div. Veranstaltungen in mehreren Orten ein halbes Jahr lang gefeiert. Die Gemeinde Ertl richtete am 5. Mai 2019 ein großes Fest aus, zu dem sogar der Diözesanbischof kam. Lehrer, Kinder aus mehreren Schulen und auch erwachsene Künstler erarbeiteten drei Ausstellungen zu Stefan Matzenberger und zum Thema Frieden. Es gab Ausstellungseröffnungen mit Vorträgen, auch zu einer ganztägigen Gedenkwanderung wurde eingeladen. Von Stefans Taufkirche St. Michael führte Peter Haberfellner den weiten Weg über Stationen, an denen von Matzenberger vorgelesen wurde, zum Schindelmacherhaus. Überaus liebevoll wurden wir (über 30 Leute) dort bewirtet. Weiter ging es hinunter nach Ertl, danach wieder hinauf nach St. Michael.

Unser Bergpredigtpazifist musste gleich nach der Matura einrücken, wurde an der Ostfront schwer verwundet und erblindete. Es gelang ihm dank seiner Vorleser, Jus zu studieren und sein Leben der Friedensarbeit zu widmen. Dr. Stefan Matzenberger schrieb knapp 20.000 Friedensbriefe nach Ost und West und ca. 500 Friedensartikel und Leserbriefe. Er hielt 250 Vorträge für den Frieden und 100 Friedensdiskussionen. Damit konnte er sehr viel bewirken. Er schrieb zwei Bücher: „Von der Friedenspolitik zur Friedensethik“ und „Pazifismus im Atomzeitalter“. Sein erster Vorleser war sein 11-jähriger Bruder Johann, der dafür oft in der Schule fehlte. In den Pausen wurde vor dem Haus Holz gesägt. Matzenbergers bester Freund und Lehrer war DDDDr. Johannes Ude, einer der beiden letzten Moraltheologen in Österreich, die noch zur Kapitalismuskritik publiziert haben. Ude, ehem. Dekan der Theolog. Fakultät Graz, war davor auch im Haus von Bürgermeister Unterguggenberger in Wörgl zu Gast. „Das Wunder von Wörgl“ erzählt, wie sehr Wohl und Wehe der Menschen von der Funktion der Geldordnung abhängt. Matzenberger hat die Geldfrage nur erwähnt. Zu seiner Zeit waren Probleme mit unserem Geld hier in Europa noch wenig spürbar. Zu Beginn einer Volkswirtschaft funktioniert verzinstes Kreditgeld gut. Stefan Matzenberger wurde vielen Besuchern Ratgeber und Tröster.

Links das Christogramm von der Stubendecke im alten Schindelmacherhaus. In dieser Stube haben sich viele Männer nach dem Krieg aussprechen und Rat holen können. Schrecklichste Taten waren von ihnen erzwungen worden, Freunde waren neben ihnen gefallen. Gertrude O´Shea, der ich begegnen durfte, als ich nach Personen suchte, die Stefan Matzenberger noch gekannt hatten, hatte „vor Augen“, dass bei einem Tieffliegerangriff in Neumarkt an der Ybbs Stefans Schwester neben ihm erschossen wurde.

Deserteure erzählten von den großen Ängsten bei der Nahrungsbeschaffung. Um der Witterung von Hunden zu entgehen, wurden eiskalte Bäche als Wege benutzt. Aber: Hans von der Wieserhöhe hatte es gewagt, sich ein Kreuz vorne aufs Kapperl zu nähen und sich dafür zu entscheiden, nicht zu schießen. Er kam unbeschadet durch den Krieg, weil er, von den Kameraden in die Küche geschickt, bei Visitationen versteckt gehalten wurde.

Trude lernte Stefan in der katholischen Hochschulgemeinde kennen, zusammen mit seiner Schwester. Zuvor hatte sie in München zur Zeit der „Weißen Rose“ Deutsch, Französisch und Geschichte studiert. Trude wurde 100 Jahre alt, ich durfte sie oft besuchen. Sie erzählte: Am Tag, als Sophie Scholl und ihre Gruppe entdeckt worden waren, ging sie, um sich den Hitlergruß vor der Feldherrenhalle zu ersparen, durch das „Drückebergergässchen“ zur Uni. Ein Professor kam ihr entgegen und warnte: Es war bereits sehr gefährlich, auch nur zu zweit zusammenzustehen! Alle mussten in den großen Hörsaal, es gab Anwesenheitspflicht, ohne jenen Stempel durfte man nicht weiterstudieren. Hier wurden die „Verbrechen“ der Weißen Rose vorgelesen. Wer für die Todesstrafe war, musste aufstehen. Neben Trude saß ein Nazimädchen. Sie dachte an ihre Eltern, deren einziges Kind sie war … und stand auf. Hätte sie nicht doch einfach unter die Bank kriechen können? Dieses Trauma, diese Frage beschäftigte sie ihr Leben lang. 

Als immer mehr Bomben auf München fielen, schickten sie ihre Eltern, die in Linz wohnten, nach Wien. Aber auch hier wurde bombardiert. Studierende wurden zur nächtlichen Feuerwache auf dem Dachboden der Uni eingeteilt. Man hatte Sand und eine Schaufel zur Verfügung, um ev. einen Brand damit ersticken zu können.

Trude lernte französische Zwangsarbeiter kennen, teilte mit ihnen ein Schmalzbrot. Die Tante aus St. Peter/Au hatte ihr Schmalz geschickt. Irgendjemand verriet sie, ihr wurde KZ angedroht. Es war Trude aber weiterhin möglich, den Freunden Lebensmittelmarken zuzustecken. Nach dem Krieg war es ihr und ihrer Mama lange Monate unmöglich, zum Vater nach Linz zu kommen. Die Sorge war groß, dass er in der Stadt verhungern könnte. Endlich war es unter großen Abenteuern möglich, mit Hilfe eines Bauern die Demarkationslinie zu passieren. Keinen der Briefe, die über das RK verschickt worden waren, hatte Trudis Vater empfangen können. Am Küchentisch stand ein Foto von ihr und der Mama mit Blumen daneben. Der Vater hatte nicht hungern müssen. Jene beiden Franzosen konnten Trudes Adresse in Linz ausforschen und überreichten dem Vater eine ganze Kiste voller Konserven.

100 der wichtigsten Friedensbriefe Matzenbergers haben wir für Sie kurzgefasst hier.

Anna Matzenberger erzählte, dass es immer wieder eine große Freude war, wenn ihr Schwager zu Besuch kam. Der Blinde hatte auch ein blendendes Gedächtnis für Witze und lustige Geschichten.

Gibt es in Österreich Fahrräder speziell für die Berge? Ich hatte das Riesenglück, als Mitarbeiterin der Missionaries of Charity in London ein paar Tage lang mit Mutter Teresa zusammen zu sein. Für diese wundervolle Frau war jeder Mensch sehr wichtig. Nachmittags beim Gemüseschnippeln für die Suppenküche fragte sie reihum, was wir denn früher gerne gemacht hätten. Ich erzählte vom Bergsteigen und dass ich einmal auch mit dem Fahrrad auf einem Berg war. (Als Landwirtschaftslehrling am elterlichen Bergbauernhof hatte ich fast keine Freizeit, aber ich wollte so gerne „hinauf“. In ein paar Stunden war es möglich, von Thumersbach über Maria Alm nach Hintermoos zu radeln, auf die Neuhausalm und den Hundstein zu schieben. Hinaus zur Erlhofplatte gab es nach einem sehr schmalen, einen langen, breiten Weg. Von dort ging es steil hinunter zu unserem Nachbarn.)

Mutter Teresa hörte so gut zu, dass sie auf die Idee kam, zu fragen, ob es denn in Österreich spezielle Fahrräder für Berge gäbe. Die gab es damals, 1976, noch nicht.

Diese Heilige hat der Liebe in einem so großen Maß vertraut, obwohl sie, wie nach ihrem Tod bekannt wurde, jahrzehntelang ohne innere Freude, ohne dieses bewusste In-Gott-Geborgensein, leben musste. Diese innere Dunkelheit zu ertragen, ist ein großes Geheimnis der Liebe. Auch wir können innere Leere, Ängste, Verzagtheit und Resignation einfach annehmen. Annehmen als Geschenk für jene Menschen, die Manipulationen, Verführungen des Kapitalismus, der Macht des Geldes, ausgeliefert sind.

Im richtigen Augenblick am richtigen Ort zu sein ist ein Riesenglück!

Als Krankenpflegeschülerin war ich so begeistert von den Bergen, dass ich eisern sparte, um mir Ausrüstung sowie Kurse in Fels und Eis leisten zu können. Im Herbst, als wir in zwei Seilschaften unterwegs zum Laserzkopf in den Lienzer Dolomiten waren, fanden wir den Kamin im Einstieg völlig vereist vor. In die Wand daneben wurden mit einem Taschenmesser kleine Griffe und Tritte ins Eis geschnitzt. Unterhalb eines Überhanges war es danach wieder möglich, in den Kamin zu steigen und diesen zu benutzen. Sehr lange standen wir vor dieser Herausforderung. Ich wollte es, als Letzte, doch noch im Kamin versuchen. Genau im richtigen Augenblick aber wagte ich mich hinaus in die Wand. Sekunden später kam ein riesiger Felsblock vom Berg herunter und zerschellte genau an jenem Platz, an dem wir so lange gestanden waren. Das Seil zwischen mir und Viktor war einmal fast zur Gänze, ein zweites Mal zur Hälfte abgeschlagen. Ich musste in der Wand warten, bis Viktor zurückgeklettert war und das Seil zusammengeknüpft hatte. Wie gut, dass ich mich in die Wand gewagt hatte …

Es kann notwendig sein, sich zu exponieren! Ich wusste nicht, wie gefährlich jene Tour war. Martha Steiger, Anna Strasser, die Schwestern von der Bogenmühle … So viele Menschen waren zur richtigen Zeit am richtigen Ort und wussten, dass sie viel riskieren würden! Damit aber konnten sie großes Unheil erleichtern oder verhüten.

Für meine Tante war es ein Riesenglück, dass es am Tag ihrer Geburt ein Gewitter gab!

Meine Großmama war eine bitterarme Magd. Ihr erstes am Leben gebliebenes Kind, meine Mama, wurde von den uralten Bauersleuten an Kindes statt angenommen, weil deren Kinder, Annei und Hias, unverheiratet geblieben waren. Deshalb bekam Susanna, die ein Annehmkind gewesen war, keinen Lohn, und musste um ein Stück Stoff für eine dringend notwendige Schürze betteln. Sie hatte trotz der schweren Arbeit auch nicht das Recht, Brot abzuschneiden.

Tante Franzi kam sofort nach der Geburt in die Vorfusch. Als die Großmutter am Sonntag in der Kirche von Bruck nach dem Baby fragte, sagte man ihr, dass die Kleine sehr brav wäre, weil sie Schnapszuzerln bekäme. Großmama hat sofort einen neuen Platz für das Baby gesucht und ihn beim Schmied in Thumersbach gefunden. Als Franzi 4 Jahre alt war, kam sie heim, damit meine Mama als Kind nicht allein wäre. Sie blieb bei uns, bis wir alt genug waren, um am Hof mitzuhelfen. Danach wurde Franzi Pfarrersköchin in Flachau.

Onkel Toni musste nach der Geburt nach Bruck getragen werden. Mit 5 Jahren verlor er seinen 5. Pflegeplatz. Da traf die Großmama beim Schmied den alten Ebnerbauern und fragte, ob er ihr den Buben nehmen würde. „Bringst man hoid“, meinte der Alte. Als aber die 4 Jahre ältere Franzi den kleinen Bruder zum Ebner begleitete, jagte man die beiden fort. Man wollte den Kleinen nicht. Am nächsten Tag musste meine Mama mit Toni mitgehen. Sie hatte den Auftrag, sofort nach der Ankunft wegzulaufen. Zum Glück aber war da der alte Bauer. Er nahm den Kleinen mit auf die Alm. Der Alte starb dann in den Armen meines Onkels, als Toni 16 Jahre alt war. Jetzt konnte man den inzwischen starken jungen Mann gut gebrauchen.

Onkel Franz war an seinem Pflegeplatz schwer vernachlässigt worden. Als sein Daheim abgebrannt war, kam der 8-Jährige nach Erlbruck zu seiner Mama. Die Großeltern hatten zwar geheiratet, aber der Großvater kam erst auf den Hof, als er zu krank und zu schwach war, um Senner und Melker zu sein. Franz hätte mehr Essen gebraucht. Die Großmama konnte ihm nichts geben. So besuchte er seinen Vater am benachbarten Erlhof zur Melkzeit. Aber der getraute sich auch nicht, ihm Milch anzubieten. Onkel Franz wusste sich zu helfen: Er „fand“ Eier und ging damit hinauf zu den Hüttenwirtinnen, die ihm voller Freude über diese Eier reichlich zu essen gaben. Irgendwann blieb er dann auf diesen Hütten. Dort konnte Onkel Franz von den Bergsteigern Englisch, Französisch und Italienisch lernen. Er erzählte von einem kleinen See in der Nähe einer der Hütten. Abends weichte er die vom Erdäpfelschmarren angekrustete Pfanne im See ein, in der Früh war sie saubergeknabbert, und er konnte mit Leichtigkeit die Fische fangen, welche seine Arbeit übernommen hatten.

Tante Mali hätte als Neugeborene nach Maishofen getragen werden sollen. Aber es kam ein Wetter auf. Die Magd, welche sie trug, musste im Wirtshaus Gletscherblick Unterstand suchen. Dann aber wurde es dunkel, die Magd musste übernachten. In der Früh gaben die Wirtsleute das Baby nicht mehr her. Das Paar hatte keine eigenen Kinder. Tante Mali ging in die Hauptschule und bekam in Innsbruck eine Ausbildung zur Erzieherin.

Den Onkel Bertl musste meine Mama zum Geschäft nach Gries begleiten, als er wieder einen neuen Kostplatz bekam. Von dort würde ihn die Ziehmutter abholen. Mama hatte sich durch die Hintertür davonzuschleichen. Aber diesem Onkel war großes Glück beschieden. Der Aignermutter war der einzige Sohn an Kinderlähmung verstorben. Bertl wurde liebevoll von ihr gepflegt, er behielt von dieser Krankheit nur ein Problem mit einem Fuß. Als der Lehrer ihn, weil er sehr gescheit und eben leicht behindert war, in die Hauptschule nach Zell am See schicken wollte, hielt Onkel Bertl sich versteckt und wartete, bis seine Mama wieder weg war. Er wusste, dass diese kommen würde, um ihn an einem neuen Kostplatz abzugeben, von wo aus er die Hauptschule hätte besuchen können.

Alle Kinder der Großmama besuchten sie mit ihren Familien und bereiteten auch uns damit  immer wieder große Freude. Zu Allerheiligen aber standen Tante Mali und Onkel Bertl zuerst an den Gräbern ihrer Zieheltern!

Ich träume davon, dass es für alle Welt einmal so liebe „Onkeln und Tanten“ gibt, wie ich sie hatte und so liebe „Zieheltern“ wie Tante Mali und Onkel Bertl sie genießen durften.

Annamama, die unverheiratet gebliebene Erlbruckbäuerin, wusste nicht, wie dringend die Kinder ihrer Cousine ihre Mutter gebraucht hätten. Die Erlhofgräfin wusste Folgendes nicht:

Meine Urgroßmama litt und verstarb an einer der Sklaverei ähnlichen Situation.Die Mutter der Erlbruckgroßmama war Magd am Erlhof. Sie musste im April bei kaltem Regenwetter den ganz Tag lang Krautpflanzen setzen. Danach konnte sie sich nicht mehr bewegen. Man legte die Kranke in Erlbruck in die Stube, wo meine Großmama sie nun nachts pflegte. Tagsüber aber musste schwer gearbeitet werden. Großmama schaffte es irgendwann nicht mehr. So kam ihre Mutter nach Schernberg bei Schwarzach und wurde dort von Ordensfrauen gepflegt, bis sie verstarb.

Die Erlhofgräfin wusste nicht, wie es ist, bei Kälte den ganzen Tag in nasser Kleidung am Feld zu arbeiten. Sie war gefürchtet. Ihre Enkelkinder aber wurden „weltbeliebt“! Es handelt sich um die Familie Trapp aus „The Sound of Music“.

Ich sah den Film zu dieser Geschichte das erste Mal in Cochabamba. Die Zuschauer waren begeistert. Wie bei einem Konzert wurde nach dem Film (englisch mit spanischen Untertiteln) geklatscht und geschrien vor Freude. Man schlug oben mit den Sesseln auf die Brüstung des Balkons, um der Begeisterung Ausdruck zu verleihen.

Wie unvorstellbar beliebt können Menschen werden, die es sich, zum eigenen Wohle und dem Wohle der anderen, zur Aufgabe machen, Freude zu schenken, womit auch immer!

Meine Saalfeldener Großmutter war Großbäuerin mit sehr vielen Kindern, vor ihr hatte sogar der Gauleiter Respekt! Als der Dechant eingesperrt worden war, schrieb sie einen bitterbösen Brief an den Gauleiter nach Salzburg. Die Gestapo kam, Großmama bereitete, während sie schimpfte, eine gute Jause. Man wagte nicht, sie mitzunehmen: Vier Söhne waren an der Front, ein Schwiegersohn Leutnant. Zum Abschied warnte Tatis Mama: Würde der Pfarrer nicht sofort freigelassen, so gäbe es in Zell am See einen Saalfeldener Frauenaufstand. Saalfelden war schon damals sehr viel größer als Zell. Der Priester kam frei.

Von der Neuhausgroßmama, selbst Einzelkind, sind in den Matriken der Pfarre 18 Kinder erwähnt. Mein Vater hörte von seinen Geschwistern, dass er das 21. von 22 Kindern gewesen wäre. Nur 13 von Großmamas Kindern erreichten das Erwachsenenalter.

Manche Menschen meinen, es müsse Krieg, Hunger und Abtreibung geben, weil wir sonst zu viele Menschen wären auf der Welt.

Aber:

Heute ernähren 60 % des fruchtbaren Bodens 30 % der Weltbevölkerung mit industrieller Landwirtschaft. 30% des Ackerbodens ernähren 60 % der Menschen in kleinstrukturierter Landwirtschaft.

Sobald nicht mehr 80 % der jungen Psychologen ihre „besten Jobs“ in der Werbung finden, sondern Kriterien für Lebensqualität auflisten, können die Karten völlig neu gemischt werden. Es kann belastend sein, zu viel zu besitzen, zu viel zu reisen … Wir brauchen nicht mehr so viel an Erwerbsarbeit, wenn diese nur noch bedarfs-, und nicht mehr profitorientiert sein muss. Schon jetzt lieben es immer mehr Menschen zu gärtnern, sich von biologischer Landwirtschaft zu ernähren und Zeit zu haben! 

Eine Missionsschwester erklärte mir, wie sie und ihre Mitschwestern in Afrika Männern den Zyklus, die Möglichkeit, fruchtbare und unfruchtbare Tage der Frau zu unterscheiden, erklären. Die Frauen kommen nicht, um sich dies anzuhören, sie genieren sich. Es genügt, am Klopapier den weißlichen, sich ziehenden „Eggschleim“ von der klaren Absonderung unfruchtbarer Tage zu unterscheiden.

Ein Glück für unsere Familie, dass die Neuhausgroßeltern davon keine Ahnung hatten!

Friedrich Schöffmann ging für seinen Freund Hans an die Front, der eben erst zum 2. Mal Vater geworden war. Auch Friedrich, Kurt Eckers Großvater, war überglücklich, weil der Kompaniechef Verständnis hatte. Kurts Großvater überlebte Stalingrad! Als er 50 Jahre später mit anderen Überlebenden Wolgograd besuchte, war er Gott und jenen Russen, die ihm das Leben gerettet hatten, innigst dankbar. Die Veteranen hatten viele kleine Geschenke mitgebracht. Kinder umringten die Besucher, mit Tränen umarmte der Großvater ein altes Mütterchen und schrieb in seinem Buch: „Schenken und beschenkt zu werden ist das höchste Glück auf Erden!“ (Honigbrot und Wassersuppe – Ein Leben voll Höhen und Tiefen)

35.000 Kindersoldaten konnten nach 14 Jahren Krieg wieder integriert werden! Dieses Wunder wurde Sr. Johanna Datzreiter FMM möglich, zusammen mit der Regierung, dem Ausland und den Katechisten Liberias. Sr. Johanna durfte ich in Wien bei ihren

Mitschwestern kennenlernen, die früher in Seitenstetten gelebt haben. Sie war 42 Jahre, auch in der Kriegszeit, in Liberia.

Warlord Charles Taylor hatte den Kindern versprochen, dass sie nach dem Krieg in die Schule gehen dürften. Viermal musste Sr. Johanna mit ihren Leuten in Nachbarländer fliehen. Auf Befehl des Kriegsherrn haben ihr die Kinder das Haus geplündert, angezündet, aber nie auf sie gezielt. Die Angst vor diesen Kindern war groß, hatten sie doch sogar Familienangehörige erschossen. Schule und/oder Berufsausbildung brachte ihnen Rettung. Sr. Johannas Augen blitzten vor Zorn, als sie fragte, warum ein an Bodenschätzen und Gummiwäldern so reiches Land wie Liberia seine Kinder nicht in die Schule schicken kann. Bücher von Sr. Johanna: „Wo der Pfeffer wächst“, „Kindersoldaten gerettet“, „Ich bin, weil wir sind“, Missio Wien.

Zur Zeit Che Guevaras entbrannte in Velasco ein Bürgerkrieg durch den Streit um eine Kuh. Franz Greisberger, Salzburg, erzählte: Der Streit von zwei Bauern und ihren Freunden, Anhänger unterschiedlicher Parteien, war zum Krieg eskaliert, so, dass das Militär sogar bombardiert hatte. Soldaten kamen auf die Idee, Bischof José C. Rosenhammer (OÖ) abzuholen, ihn an der offenen Flugzeugtür festzubinden und ihm ein Megaphon in die Hand zu drücken. Man flog ihn von Dorf zu Dorf, er predigte hinunter. Augenblicklich war Frieden. Rosenhammer kannte alle Dörfer, hatte sie besucht, den Indios ihre Würde wiedergegeben. Alle liebten ihn. Franz, ein Entwicklungshelfer, durfte den Bischof nach La Paz zum Siegesfest begleiten.

Im Jahr 2000 war Franz wieder zu Besuch in Bolivien. Er fand eine Zeitung mit allen großen Ereignissen des letzten Jahrhunderts. Je eine Seite lang wurde von den Weltkriegen berichtet, von der Mondlandung, von bedeutenden Persönlichkeiten, berühmten Filmen etc. erzählt. Nur über Bischof Rosenhammer gab es einen zweiseitigen Bericht. Die Menschen kannten und liebten ihren Bischof.

Viele Menschen kennen und lieben Papst Leo XIV … Er wünscht aus innig liebendem Herzen den Frieden. Papst Leo spricht von Strukturen der Sünde, fordert Entschuldung, Mitgefühl und Gerechtigkeit. Am 16.11. sagte er: „Die Globalisierung der Ohnmacht entspringt einer Lüge, nämlich dem Glauben, dass dies schon immer so gewesen ist und sich nicht ändern kann.“ Möge doch auch dieser unser aller Bischof, der verkündet, dass Gott bedingungslos JEDEN Menschen liebt, gehört, möge der Kapitalismus „überliebt“ werden!

Eine sterbende Frau sagte zu Eugen Drewermann, dass man das Böse nicht bekämpfen, nur „überlieben“ könne.

In seinem Buch „Von Krieg zu Frieden“ schrieb Drewermann, 2017: Das „Verlorene Schaf“ hat Angst, es ist keine Ziege, sondern ein Herdentier. Anstelle von „Sünde“ kann man das Wort „Verzweiflung“ setzen. Ein Verzweifelter braucht keine Ermahnungen, Vorhaltungen und Strafen, er braucht unbedingt jemanden, der ihn sucht …

Stets lautet der Vorwurf der „Guten“ im Raum der tradierten Ethik, dass jemand, der Böses tut, es freiwillig tue. „Er hat gewusst, was Gut und Böse ist, er hat gewählt, und er hat sich für das Böse entschieden. Dafür ist er jetzt voll verantwortlich.“

Ich denke, ob wir Menschen nun bewusst an Gott, oder „nur“ an die Liebe glauben: Es ist uns die Macht gegeben, uns für bedingungslose Liebe zu entscheiden. Damit können wir in Gedanken Menschen, die zu bösem Tun verführt wurden und andere zu bösen Entscheidungen erpressen, heimlich umarmen. Der Friede in unseren Herzen ist nicht vom Handeln anderer Leute abhängig, sondern von unseren eigenen Entscheidungen. Er ist abhängig von unserem Willen, uns selbst, die anderen Menschen und unsere Mitwelt (damit auch Gott bzw. den Sinn des Lebens) zu lieben.

Böse Herausforderungen können uns helfen, uns stärker als Gemeinschaftswesen zu erfahren, im Geben und Nehmen, auch ohne Geld. Der Größte ist nicht der, der am meisten hat, sondern jener Mensch, der am meisten geben kann.

So viel Gutes, Wegbereitendes zu tun, ist uns möglich!

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